Das Karpaltunnelsyndrom ist eine sehr häufige Erkrankung, die
Behandlungsmaßnahmen erfolgen streng nach den Leitlinien und dem Konsens der zuständigen Arbeitsgemeinschaft (AWMF) von 2006 vorgenommen.

Selbstverständlich müssen sich die Art der Therapie und die Behandlungsintensität nach dem Beschwerdeausmaß richten.

Im Frühstadium der Erkrankung - bei gelegentlichen Gefühlsstörungen - ist in jedem Falle die konservative Behandlung angezeigt. Unbedingt wirksam ist eine nachts anzulegende palmare Handgelenksschiene in Neutralstellung .

Sehr viele Patienten berichten, dass sie mit dem dauernden Tragen dieser Schiene auch über Monate oder Jahre nahezu beschwerdefrei bleiben können.

Nicht selten werden aber auch Patienten operativ behandelt, die langanhaltende, quälende und typische Symptome für ein Karpaltunnelsyndrom berichten, aber viel zu lange konservativ behandelt wurden.

Ein Wirksamkeitsnachweis besteht auch für die lokale Infiltration von Corticoid-Kristall-Suspensionen in den Karpaltunnel . Der Effekt dieser Maßnahme besteht für einen Zeitraum von etwa 8 Wochen und ist etwa vergleichbar mitm der Wirksamkeit einer Behandlungskombination aus einer Nachtschiene und der oralen Gabe von Medikamenten wie Diclofenac.

Es gibt keinen Evidenznachweis für die lokale Ultraschalltherapie, Joga, Handwurzel-Mobilisationen, Nervengleitübungen oder auch für eine Magnetfeld-Therapie

Vitaminpräparate sind nicht wirksam.

Das idiopathische Karpaltunnelsyndrom kann richtig als periodisch auftretende Erkrankung bezeichnet werden. Die Intensität der Symptome ist vielfältig, wechselnd und wird von den Patienten häufiger ignoriert, weil Taubheit ja nicht unbedingt schmerzhaft ist. Es darf uns also keinesfalls verwundern, wenn diverse Behandlungsmaßnahmen scheinbaren Erfolg zeigen, das Wiederauftreten von Symptomen ist vorhersehbar häufig.

Das Auftreten von chronisch rezidivierenden, schmerzhaften Erscheinungen in der Hand mit Unterbrechung des Nachtschlafes und / oder der Verlust der taktilen Funktion des Greifwerkzeuges Hand nötigt die Patienten schließlich dazu, aus subjektiven Erwägungen einer Operation zuzustimmen.


Die genannte Konstellation der klinischen Befunde verbunden mit einer eindeutig pathologischen ENG/EMG Untersuchung der Hand stellt nach dem jetzigen Stand der Dinge eine absolute Operationsindikation dar. Die Datenlage belegt unzweifelhaft, dass die operative Behandlung bei entsprechender Indikationsstellung eindeutig konservativen Maßnahmen überlegen ist ( Evidenzgrad A,1a)

Die operative Behandlung hat das Ziel, den Druck auf den Nervus medianus durch eine maximale Erweiterung des Nervenkanales zu vermindern. Im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte sind viele verschiedene Operationsmethoden mit diesem Behandlungsziel angewendet worden. Viele Operationsmethoden hinterliessen jedoch störende, teilweise verheerende Narbenprobleme in der Hohlhand und am Handgelenk.

Die Einführung der endoskopischen Chirurgie des Karpaltunnels Ende der 80ziger Jahre hat diesen operativen Eingriff revolutioniert.

In Deutschland werden pro Jahr etwa 500.000 Karpaltunnelsyndrome operiert. Die besondere Kostensituation der endoskopischen Methode hat bislang ihre weite Verbreitung verhindert. Derzeit werden etwa 30 Prozent der Operationen endoskopisch in verschiedenen Techniken vorgenommen (Datenlage nicht abschließend).
 
Die minimalinvasive Operationstechnik, die stark verringerte Morbidität frühpostoperativ und insbesondere die Schmerzarmut haben das Vertrauen der Patienten/innen in die operative Behandlung verbessert.

Im Zusammenhang mit der Abwägung der Operationsindikation und der Patienten-aufklärung sind folgende Feststellungen wichtig.

1. Die Operation ist auch nach Radiusfrakturen sicher durchführbar
2. Die Operation ist auch bei Schwangeren zu empfehlen, wenn Ausfallserscheinungen vorliegen, da in mehr als 50 Prozent die Beschwerden postportal anhalten oder erneut auftreten können
3. Patienten im hohen Alter profitieren von dem Eingriff – der Schmerz durch die Einklemmung des Nerven kann fast immer beseitigt werden
4. Nach Operation eines Mamma-Karzinomes ist eine gleichzeitige Karpaltunnel-Operation auch in Blutsperre ohne erhöhtes Risiko möglich
5. Die Operation in Blutsperre/Blutleere ist unbedingt ratsam.



Insbesondere der letzte Punkt ist für die Operationsplanung und die Patientenaufklärung von besonderer Bedeutung, da ein blutleerer Arm zumindest eine Regionalanästhesie als Betäubungsverfahren erfordert.
Häufig wird der Eingriff ambulant, aber in einer stressfreien Kurznarkose durchgeführt.

Die sorgfältige Vorausplanung der (überwiegend ambulanten) Operation ist also sinnvoll und erforderlich. Die Durchführung des Eingriffes in Lokalanästhesie ohne Blutleere/Sperre ist sehr geübten Operateuren möglich, (z.B. bei Dialyse-Patienten), jedoch nur im Ausnahmefall sinnvoll, da das Operationsrisiko erheblich ansteigt.

Die Operationsdauer beträgt je nach Erfahrung des Operateurs zwischen 5- und 20 Minuten. Die Belastungszeiten eines Patienten auch durch eine Allgemeinanästhesie sind also entsprechend kurz.

Offene und endoskopische Operationsverfahren haben nach Studienlage unzweifelhaft die gleiche Prognose in der Ergebnisqualität. Nach Auswertungen von zahlreichen randomisierten Studien (1A, 1B) aber auch von Metaanalysen steht fest, dass beide OP-Methoden gleichsam wirksam sind, wenn sie (korrekt ausgeführt) den Karpalkanal vollständig erweitert haben.

Die postoperative Zeitdauer bis zur Wiedereinsetzbarkeit der operierten Hand im täglichen Leben ist bei endoskopisch operierten Patienten jedoch kürzer (Evidenzgrad A)

Die minimal-invasive Chirurgie des Karpalkanales macht es alten Menschen zum Beispiel wesentlich schneller möglich, sich auf Gehstöcke oder Gehhilfen stützen zu können. Ggf. kann die Gebrauchsfähigkeit der Hand für diese Verrichtungen durch Schutzpolsterverbände noch verbessert werden. Ein Gipsschienenverband der Hand ist nicht erforderlich. Die Finger sind sofort einsatzfähig und zur Selbstversorgung zu gebrauchen.
Es ist leider festzustellen, dass die immer wieder vom Patienten befürchtete Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der Hand öfter dazu führt, dass notwendige Operationen am Karpaltunnel verschoben werden.

Es ist also richtig, unseren Patienten die Angst vor einem „Ausfall“ der Hand zu nehmen, eine Selbstversorgung (Essen, Trinken, Hygiene, Ankleiden) ist nahezu sofort nach der Operation möglich. Auch die Operation eines einhändigen Patienten ( z.B. nach Schlaganfall ) ist angesichts sehr niedriger Komplikationsquoten oft sinnvoll indiziert.

Die Arbeitsunfähigkeitsdauer ist dagegen stark berufsabhängig. Auch Schreibtischtäter (ganztags EDV) sollten eine Schonfrist für die operierte Hand von mindestens 14 Tagen einplanen. Die Dauer der Schonfrist für die Hand ist natürlich auch bedingt durch das Ausmaß des vorbestehenden Nervenschadens.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig , dass jede Art von physiotherapeutischen Maßnahmen nach Karpaltunneloperationen nicht angezeigt ist – es sei denn es liegen behandlungsbedürftige Begleiterkrankungen oder simultane Operationen vor.

Der bindegewebige Verschluss des operativ durchtrennten Karpaldaches benötigt etwa einen Zeitraum von 6-12 Wochen postoperativ, individuell sehr unterschiedlich. Erst dann tritt die vollständige Belastbarkeit und Sportfähigkeit der operierten Hand ein. Krankengymnastische Behandlungsmaßnahmen verkürzen diesen Zeitraum definitiv nicht!
Die operative Behandlung eines Karpaltunnelsyndromes verspricht nahezu lebenslangen Erfolg, wenn rechtzeitig behandelt wurde. Etwa 18 Prozent der Patienten verspüren im Laufe der folgenden Jahre nochmals ähnliche Symptome, ohne dass sich daraus aber eine Behandlungsbedürftigkeit ergibt. Einige Berufe sind dabei besonders gefährdet wie z. B. Montagearbeiter.

  Es ist statistisch davon auszugehen, dass etwa 5 Prozent der operierten Patienten erneut behandlungsbedürftig werden und etwa 0,8 Prozent dieser Patienten nochmals operiert werden müssen.

LITERATURVERZEICHNIS

1. http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/005-003.html; zitiert 6.10.2011
2. Beekman R, Visser LH. Sonography in the diagnosis of carpal tunnel syndrome: a critical review of the literature. Muscle Nerve 2003;27:26-33
3. O’Connor D, Marshall S, Massy-Westrop N. Non-surgical treatment (other than steroid injection) for carpal tunnel syndrome. (Cochrane Review). The Cochrane Library, Issue 2, 2003
4. Irvine J, Chong SL, Amirjani N, Chan KM. Double-blind randomized controlled trial of low-level laser therapy in carpal tunnel syndrome. Muscle Nerve 2004;30:182-187
5. A.Neumann, A.Kube. LONG-TERM RESULTS FOLLOWING ECTR
(AGEE TECHNIQUE) WHICH IS THE RECURRENCE RATE? .
J Hand Surg Eur Vol 2008, 33: 1